Der Azubi-Mangel ist allgegenwärtig: 2019 blieben deutschlandweit über 53.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Besonders betroffen ist der Mittelstand – denn 8 von 10 Azubis absolvieren ihre Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen. Unser Geschäftsführer Jan Hofmann erzählt im Interview mit dem Deutschen Mittelstands-Bund (DMB) e.V. von seinen Erfahrungen als Geschäftsführer eines Ausbildungsbetriebs in der Baubranche und berichtet von den vielfältigen Maßnahmen, mit denen Schäfer III. um Auszubildende wirbt.
DMB: Herr Hofmann, stellen Sie Schäfer III. bitte zunächst kurz vor.
Jan Hofmann: Schäfer III. ist ein mittelständisches Familienunternehmen aus dem Landkreis Groß-Gerau im Rhein-Main-Gebiet. Seit mehr als 85 Jahren steht Schäfer III. für Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit am Bau. Wir begleiten unsere Kunden von der ersten Projektidee über die Planungsphase bis zur Ausführung und Fertigstellung ihres Bauvorhabens. Unser Schwerpunkt liegt im Industrie- und Gewerbebau. Wir realisieren neben Hoch-, Tief- und Straßenbau-Projekten auch Schlüsselfertigbauten und übernehmen als Experte im Umgang mit umwelt- und gesundheitsgefährdeten Stoffen fachgerecht Altlastensanierungen. Dabei verstehen wir Bauen als Komplettleistung und arbeiten bei Bedarf auch zwischen Produktionsschichten oder in der Nacht. Außerdem betreiben wir einen Recycling- und Containerdienst. Derzeit beschäftigt Schäfer III. rund 110 Mitarbeiter.
Wie viele Ausbildungsplätze bietet Schäfer III. an und in welchen Berufen kann man bei Ihnen eine Ausbildung absolvieren?
Wir bieten insgesamt zehn Ausbildungsplätze in drei verschiedenen Ausbildungsberufen an: Beton- und Stahlbetonbauer, Straßenbauer und Baugeräteführer. Darüber hinaus bietet Schäfer III. den dualen Bachelor-Studiengang im Bereich Bauingenieurwesen an. Dieser verbindet das Studium des Bauingenieurwesens mit einer Ausbildung zum Facharbeiter in einem Bauberuf (Beton- und Stahlbetonbauer, Straßenbauer).
Was ist Ihre Motivation, sich in der dualen Berufsausbildung zu engagieren und Ausbildungsplätze anzubieten?
Für die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens ist es immens wichtig, junge talentierte Personen für einen Bauberuf bei Schäfer III. zu begeistern. Viele unserer heutigen Führungskräfte haben ihre Karriere mit einer dualen Ausbildung bei Schäfer III. begonnen. Das bestätigt uns, dass es oftmals zielführender ist, junge Menschen aus der Region zu eigenen Fachkräften auszubilden, anstatt dauerhaft externe Arbeitskräfte am Markt zu suchen. Während der dualen Ausbildung lernen wir die Auszubildenden sehr gut kennen: Wir haben ausreichend Gelegenheit, Motivation und Talent jedes Einzelnen zu prüfen und sowohl die technischen als auch die sozialen Fähigkeiten ständig weiterzuentwickeln. Es ist in meinen Augen sehr sinnvoll, die Auszubildenden schon frühzeitig mit den unternehmensspezifischen Anforderungen (z.B. Arbeitssicherheit, Qualitätsbewusstsein, respektvoller Umgang) vertraut zu machen. So können wir bereits bei jungen Menschen ein Handeln im Sinne der Unternehmensphilosophie sicherstellen. Sich für eine Ausbildung bei Schäfer III. zu entscheiden, heißt, sich gleichzeitig für einen Job mit guten Zukunftsperspektiven zu entscheiden. Die Baubranche ist etwas für Anpacker, Kreative und Technikaffine. Denn: Nicht nur Gebäude werden immer smarter und technische Anlagen immer vernetzter, auch unsere Arbeitswelt ist zunehmend digitalisiert. Baumaschinen mit GPS-Steuerung, Vermessungsleistungen per Drohne und weitere intelligente Programme in allen Bereichen verändern auch die Berufe am Bau.
Haben Sie Schwierigkeiten bei der Besetzung von Ausbildungsstellen?
Der Bewerbermangel ist in den letzten Jahren definitiv gestiegen. Wir sehen eine klare Tendenz, dass es immer schwieriger wird, geeignete junge und motivierte Leute zu finden, die sich für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden. Wir tun alles dafür, engagierte Auszubildende im Unternehmen zu halten und sie bei ihrer Karriere zu fördern.
Wie hat sich der Ausbildungsmarkt in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht verändert?
Vor einigen Jahren war das Interesse noch deutlich größer, eine gute Ausbildung in einem zukunftssicheren, familiengeführten Unternehmen zu absolvieren und nach Abschluss der Ausbildung bestenfalls bis zur Rente in diesem Unternehmen zu verbleiben. Heute möchten die jungen Leute vielfältige Erfahrungen in den unterschiedlichsten Unternehmen sammeln – teilweise auch im Ausland. Grundsätzlich würden wir sehr gerne viel mehr ausbilden, aber die Nachfrage in den einzelnen Ausbildungsberufen hat in den letzten Jahren stark abgenommen. Erst seit Einführung des Ausbildungsberufs „Baugeräteführer“ sowie des dualen Bachelor-Studiengangs ist das Interesse wieder merklich gestiegen. Oftmals ist bei der Auswahl der Auszubildenden jedoch der schulische Hintergrund (solide Grundkenntnisse in Mathe und Physik, handwerkliches Geschick und technische Affinität) sowie die eigene Motivation bei Wind und Wetter draußen zu arbeiten, das eigentliche Problem. Durch die aktuelle Corona-Pandemie erhoffen wir uns einen neuen Anstieg, da Sicherheit und Heimatverbundenheit auch bei jungen Menschen wieder deutlich mehr in den Fokus rücken.
Wie machen Sie junge Menschen aus Ihrer Region auf Schäfer III. aufmerksam?
Wir sind regelmäßig auf regionalen Ausbildungsbörsen anzutreffen. Darüber hinaus haben wir Kooperationen mit verschiedenen Schulen in unserem Landkreis. Da kommt es auch schon mal vor, dass wir mit einem Bagger auf den Schulhof fahren. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Schüler großes Interesse mitbringen, wenn sie solche Gerätschaften hautnah erleben dürfen. Zusätzlich bieten wir regelmäßig Schülerpraktika sowie freiwillige Praktika an. Viele der Praktikanten können wir im Anschluss in ein Ausbildungsverhältnis übernehmen. Außerdem haben wir dank unserer guten Beziehungen zu ortsansässigen Vereinen die Möglichkeit, die Jugendlichen mit Hilfe verschiedener Marketingaktionen zu erreichen. Weiterhin sind wir auch auf Social Media (Instagram und YouTube) zu finden und schalten Anzeigen in regionalen Tageszeitungen, Onlinemagazinen und sind mit Bannern und Bandenwerbung in der Region sowie auf unseren Baustellen vertreten.
Bieten Sie Ihren Auszubildenden besondere Leistungen, um sie für eine Ausbildung bei Schäfer III. zu gewinnen?
Unsere Auszubildenden arbeiten vom ersten Tag an aktiv mit, um ihre Fähigkeiten entfalten und ausbauen zu können. Für jede Ausbildungssparte ist ein erfahrener Schäfer III. Mitarbeiter abgestellt: als innerbetrieblicher Ausbilder und als Ansprechpartner. Das Resultat: Fast alle unsere Auszubildenden erzielen einen exzellenten Abschluss. Als wachsendes Unternehmen sind wir grundsätzlich an einer unbefristeten Übernahme unserer Auszubildenden interessiert. Wir veranstalten regelmäßige Azubi-Events, die gleichzeitig zur Teambildung dienen. Unsere Auszubildenden bekommen außerdem Fahrtkosten und Unterkunft während des Einsatzes auf den Lehrbaustellen erstattet. Eine gute und qualitativ hochwertige Arbeitskleidung, die wir kostenfrei zur Verfügung stellen, ist für uns selbstverständlich. Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung besteht die Möglichkeit zur Weiterbildung sowie die Teilnahme an Fachlehrgängen. Darüber hinaus erhalten unsere Auszubildenden ein überdurchschnittliches Gehalt während ihrer dreijährigen Ausbildung und eine leistungsabhängige Erfolgsprämie.
Was raten Sie mittelständischen Unternehmen, die Schwierigkeiten bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen haben?
Wir sind der festen Überzeugung, dass ein wertschätzendes und vertrauensvolles Arbeitsklima, regelmäßige Fortbildungen, die kontinuierliche Überprüfung der Arbeitsprozesse sowie ein freundschaftliches Miteinander der Schlüssel zur Zufriedenheit der Mitarbeiter ist. Für uns als Familienunternehmen sind diese Werte eine Basis für den gemeinsamen Erfolg. Grundsätzlich ist unsere Empfehlung, die Berufe so attraktiv und kreativ wie möglich zu präsentieren und für die junge Zielgruppe spannende Einblicke in das Arbeitsumfeld der Baubranche zu schaffen. Einen hohen Stellenwert bei der Mitarbeiterbindung hat die Wertschätzung der Mitarbeiter durch die Führungskräfte ‒ also das Führungsverhalten. Dies ist die einflussreichste Komponente, wenn es um die Zufriedenheit am Arbeitsplatz geht. Zufriedene Mitarbeiter teilen gerne ihre Erfahrungen mit anderen. In geselliger Runde zu erzählen, wie gut der eigene Arbeitgeber ist, kann ein gutes Gefühl erzeugen. Gleichzeitig schafft es enorme Aufmerksamkeit und stärkt das Image des Unternehmens.
Welche Unterstützung wünschen Sie sich von der Politik?
Ich würde mir wünschen, dass die Politik die Berufsorientierung in den Schulen ausweitet. Wir haben in Deutschland tolle Ausbildungsberufe, die im schulischen Alltag leider noch zu wenig Aufmerksamkeit finden. Es gibt so viele junge Menschen, die oftmals die Vorteile einer beruflichen Ausbildung nicht zu schätzen wissen. Viele Schüler haben keine Vorstellung davon, was in den über 130 Ausbildungsberufen im Handwerk alles möglich ist. Die duale Berufsausbildung öffnet jungen Menschen durch die Praxisnähe leichte Übergänge ins Arbeitsleben. Nach dem Abschluss der Ausbildung bieten sich durch berufliche Weiterbildungen vielfältige Karriere- und Entwicklungschancen. Zudem sollte insbesondere das Arbeitsmarktpotenzial von Frauen im Handwerk besser ausgeschöpft werden. Auch das Thema Migration erachte ich als sehr wichtig. Gerade vielen ausländischen Bürgern, die großes Potenzial im Handwerk mitbringen, wird es oft sehr schwer gemacht. Hier sollte meiner Meinung nach die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse verbessert werden.
Das Interview führte Jonas Sterzenbach vom Deutschen Mittelstands-Bund (DMB) e.V. – zur Homepage geht es hier